23. SCHWARZENBERG-KASERNE

FRAU ODER FRAULEIN?
Die „War Brides“ waren ein Phänomen der US-Besatzungszone, bekämpft von den Militärs und gehasst von der Zivilbevölkerung, die es als Verrat empfand, sich dem Feind an den Hals zu werfen, während die Männer in Kriegsgefangenenlagern lebten oder gefallen waren. Vor den Kasernen blühte die Prostitution. Es kam aber auch zu vielen festen Beziehungen und Eheschließungen, von denen sich die abfällig als „Amibräute“ Titulierten ein besseres Leben im Land der Befreier erhofften.
„Vor der Kaserne, vor dem großen Tor“ – das Lied „Lili Marleen“ von Lale Andersen, später von Marlene Dietrich gesungen und in 48 Sprachen übersetzt, wurde von Goebbels verboten, weil es die Soldaten „heimwehkrank“ mache. 1945 waren es aber nicht die „Soldatenbräute“, sondern die „Frauleins“, die nicht vor deutschen, sondern amerikanischen Kasernen auf „Jungs“ warteten. Hunderte Frauen aus ganz Österreich verband die Hoffnung auf einen schnellen Dollar und unerschwingliche Dinge wie Zigaretten und Schokolade. Der Film „Nach dem Sturm“ (1948), der in Salzburg im Sommer des Jahres 1945 spielt, beschreibt die Situation anschaulich. Das Drehbuch stammt vom „Salzburg-Heimkehrer“ Carl Zuckmayer, der 1938 vertrieben wurde und als Re-Education- Officer 1946 zurück nach Salzburg kam: Eine Pianistin verliebt sich in einen US-Offizier und sieht, als ihr Mann überraschend vom Krieg heimkehrt, nur im Freitod eine Lösung.

USFA-Oberbefehlshaber General Irvin erteilte im Herbst 1951 die Anweisung, dass das zum Teil von weither angereiste weibliche „Betreuungspersonal“ das Land binnen acht Tagen zu verlassen hätte. Plakate vor den Kasernen mit einem GI in Ketten machten Soldaten darauf aufmerksam, dass sie vielleicht nie mehr in die Heimat zurückkehren könnten, weil soziale „Fesseln“ sie davor zurückhalten würden. Vor allem in den Untermietzimmern in der Kleßheimer Allee blühte die Prostitution. Vor Geschlechtskrankheiten wurde gewarnt. Amerikanische Frauenorganisationen applaudierten dem harten Durchgreifen des Generals. Ausweiskontrollen und Abschiebungen hatte die österreichische Polizei zu vollziehen. 1954 wurden etwa 1000 Mädchen bei Razzien festgenommen und 576 davon bestraft. In den zehn Jahren der Anwesenheit der US-Truppen kamen ca. 1900 Kinder mit GI-Papas zur Welt, von denen nur ein Sechstel legitimiert wurde. Der Rest der „Soldatenkinder“ war auf private Versorgung oder öffentliche Fürsorge angewiesen. Selbst wenn sich Väter zu ihrer Vaterschaft bekannten, konnten sie nicht zu einer Unterhaltsleistung gezwungen werden. Vielen Sprösslingen und ihren „sitzengelassenen“ und unversorgten Müttern schlug soziale Ächtung entgegen, vor allem wenn das Kind eine dunkle Hautfarbe hatte. Ein Drittel der Mütter kannte nicht einmal den Namen des flüchtigen Liebhabers, meist war es nur ein „Jimmy oder Johnny“.

Ausgelöst durch den eklatanten Männermangel, erhofften sich viele Frauen eine Verbesserung ihrer Lebenssituation durch Heirat. Viele hundert, wenn nicht über tausend Eheschließungen machten österreichische „Frauleins“ zur amerikanischen „Mrs“. (cs)

LITERATURTIPPS:

Ingrid Bauer: Welcome Ami Go Home. Die amerikanische Besatzung in Salzburg 1945–1955. Erinnerungslandschaften aus einem Oral-History- Projekt. Salzburg 1998.


zurück
weiter
 
   
 
 
Impressum BestellenFeedback Start Stadt Land Inhlatsverzeichnis Suche Czernin Verlag