49. BURG MAUTERNDORF

EWIGER „EHRENBÜRGER“ GÖRING
Viele Regionen in Deutschland und Österreich bearbeiten längst die weißen Flecken der Vergangenheit und entfernen zeithistorische Widersprüche wie Straßenbenennungen und Ehrenbürgerschaften für NS-Akteure. In Mauterndorf (Lungau) ist Hitlers Stellvertreter, Reichsfeldmarschall, Oberbefehlshaber der Luftwaffe und „Reichsjägermeister“ Hermann Göring immer noch „Ehrenbürger“. Als Urlauber, Waidmann und Eigentümer von Burg Mauterndorf hatte der Kunsträuber und später in Nürnberg verurteilte Kriegsverbrecher der Gemeinde den Bau einer Wasserleitung spendiert.
Göring war einer der engsten Vertrauten Hitlers und bei der Gründung der Gestapo, der Errichtung der ersten Konzentrationslager und der Verfolgung und Ausschaltung politischer Gegner maßgeblich beteiligt. 1934 bestellte ihn Hitler als seinen Nachfolger im Todesfall. Belegt ist, dass Göring am 31. Juli 1941 Reinhard Heydrich mit der Organisation der sogenannten „Endlösung der Judenfrage“ beauftragte. Während seiner Kindheit und Jugend hatte Hermann Göring viele Wochen auf Burg Mauterndorf verbracht, die seinem Patenonkel Hermann von Epenstein, einem Arzt jüdischer Herkunft, und dessen Frau gehörte. Als Göring nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Großdeutsche Reich im März 1938 den Lungau besuchte, wurde er mit allen Ehren empfangen. In Tamsweg begrüßten ihn die Schützen, der Kriegerverein, HJ und der „Samson mit den beiden Zwergen“, wie die „Salzburger Zeitung“ berichtete. Doch der Höhepunkt des Lungaubesuchs war die Begrüßung in Mauterndorf: „Als Feldmarschall seines Führers ist er nun in seine zweite Heimat zurückgekehrt. Wie einen Sohn, der fern der Mutter Erde weilte, haben ihn die Mauterndorfer und die Lungauer empfangen.“

Göring versprach den Lungauern eine bessere Anbindung der abgelegenen Region an den Salzburger Zentralraum, den Ausbau der Murtalbahn und der Strom- und Wasserversorgung. Auch die Mauterndorfer sahen ihre Zeit gekommen und stimmten im April 1938 zu 100 Prozent mit Ja für den „Anschluss“ an das Großdeutsche Reich. Göring sorgte persönlich dafür, dass die Mauterndorfer Regimekritiker vor der Volksabstimmung in Haft genommen wurden und nicht gegen den „Anschluss“ votieren konnten. Ab 1939 durfte Göring als Burgherr in Mauterndorf auftreten, Epensteins Witwe hatte ihm die Burg vermacht, während der Kriegsjahre war er allerdings nur noch selten in Mauterndorf. Er residierte in einer eigenen Villa auf dem Obersalzberg in Hitlers Nähe und reiste in die von den deutschen Truppen besetzten Länder, um weitere Kunstwerke für seine umfangreiche Sammlung zu „akquirieren“. Die Pläne für die Anbindung des Lungaus an den Zentralraum stockten. In St. Michael arbeiteten KZ-Häftlinge aus Dachau beim Ausbau der Katschbergbundesstraße Richtung Kärnten, vom Bau einer Eisenbahnlinie Richtung Salzburg war längst keine Rede mehr.

Kurz vor Kriegsende wollte Göring mit seiner Familie nach Mauterndorf flüchten, entschied sich dann im allgemeinen Chaos für Schloss Fischhorn im Pinzgau, wohin er aber nicht mehr gelangte. US-Truppen verhafteten ihn in der Nähe von Altenmarkt. Hermann Göring wurde in Nürnberg als ranghöchster Nationalsozialist in allen vier Anklagepunkten (Verschwörung gegen den Weltfrieden; Planung, Entfesselung und Durchführung eines Angriffskrieges; Verbrechen gegen das Kriegsrecht; Verbrechen gegen die Menschlichkeit) schuldig gesprochen und zum Tod verurteilt. Bevor das Urteil vollstreckt werden konnte, schluckte er eine Zyankali-Kapsel. Ungeachtet des Urteils in Nürnberg hielt der Bürgermeister von Mauterndorf noch im August 2007 eine nachträgliche Aberkennung der Ehrenbürgerschaft „nicht für sinnvoll“, wie er der APA mitteilte, da diese seiner Meinung nach bereits mit Görings Tod 1946 erloschen sei. (sr)

LITERATURTIPPS:

Ernst Hanisch: Gau der guten Nerven. Die nationalsozialistische Herrschaft in Salzburg 1938–1945. Salzburg, München 1997.

Biographisches Lexikon zum Dritten Reich. Hg. von Hermann Weiß. Überarbeitete Neuausgabe Frankfurt / M. 2002.


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