50. BRAUNAU AM INN

SEHR VERSCHIEDENE „SÖHNE“ EINER STADT
Gegensätzlicher im Einfluss auf die Weltordnung könnten Bürger einer einzigen Stadt nicht sein. Der eine ließ Millionen Menschen ermorden, Europa brandschatzen und systematisch mit Kriegsverbrechen überziehen. Im
Gegensatz zu Hitler wurde der andere Braunauer von Österreich vergessen: Egon Ranshofen-Wertheimer bekämpfte früh den Nationalsozialismus, beriet die Regierung der USA im Kampf gegen Hitler und wirkte 1945 an der Gründung der UNO für einen neuen Frieden mit.
Hitlers Geburtshaus in Braunau (Salzburger Vorstadt 15) war früher ein Gasthaus. Besitzer lassen sich bis ins 17. Jahrhundert nachweisen. Alois Hitler, ein autoritärer Zollbeamter in Braunau, wo nördlich des Stadtplatzes auf dem Inn die Staatsgrenze zu Deutschland verläuft, wohnte mit seiner Frau Klara als Mieter in dem Haus. Er soll seinen Sohn Adolf oft geprügelt haben. Später verließ dieser ohne Abschluss die Realschule seiner Geburtsstadt, ging nach Linz und Wien, wo er sich erfolglos als „Künstler“ betätigte. Als Hitler im März 1938 beim „Anschluss“, von Bayern über die Innbrücke kommend, in Braunau wieder österreichischen Boden betrat, ließ er sich gleich zum Geburtshaus fahren. Er berichtete dort seinen Lakaien sentimental von seiner Mutter, die er über alles geliebt habe. Wenige Monate nach dem „Anschluss“ kaufte NSDAP-Bürochef Martin Bormann das Haus für die Partei. Es wurde zur „Volksbücherei“ und zur „Galerie im Führer-Geburtshaus“. Am 2. Mai 1945 stand die US-Armee vor Braunau, als ein deutscher Stoßtrupp versuchte, Hitlers Geburtshaus zu sprengen, was die Amerikaner verhinderten. Im November 1945 eröffneten sie darin eine Ausstellung über die Grauen der Konzentrationslager. 1952 wurde das Haus den ursprünglichen Besitzern zurückgegeben. Bis 1976 war eine Ingenieurschule (HTBL) hier untergebracht. Später fand die „Lebenshilfe“ eine Heimstatt, die bis heute hier geschützte Werkstätten für Behinderte betreibt. 1983 fasste der Stadtrat den Beschluss, eine Gedenktafel für Hitlers Millionen Opfer anzubringen. Letztlich wurde es ein Gedenkstein aus Granit, der aus dem Steinbruch des KZ Mauthausen bei Linz stammt. (gl)

LITERATURTIPPS:

Gerald Lehner: Mit der Washington Post gegen die Nazis – Egon Ranshofen-Wertheimer & Leopold Kohr, in: Jahrbuch 1995 – Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes, Wien 1995.

Florian Schwanninger: Im Heimatkreis des Führers. Nationalsozialismus, Widerstand und Verfolgung im Bezirk Braunau 1938 bis 1945. Grünbach 2005.


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