Demokraten sind peinlich berührt, wie die Deutsche
Bundeswehr sogenannte „Tradition“ pflegt. Direkt an
der Grenze zu Salzburg in Bad Reichenhall ist eine
Kaserne nach Hitlers General Rudolf Konrad benannt.
Dieser ist wegen schmutziger Kriegsführung in Zusammenarbeit
mit der SS – unter anderem auf Kreta –
international bekannt. |
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Zur höheren Ehre dieses Angriffskrieges wurde noch 1966, 21
Jahre nach dessen Ende, bei der Bad Reichenhaller Kaserne
eine „Kretabrücke“ eingeweiht – unter den Augen demokratischer
Politiker. Und noch immer ist General Rudolf Konrad offizieller
Namenspatron dieser Gebirgsjäger-Basis im EU-Staat Deutschland.
1941 hatte er angesichts der deutschen Verbrechen während
des Russlandfeldzuges bekannt: „Dem Führer gehört unsere
ganze Hingabe.“ In dem von Rassenwahn getriebenen Feldzug
habe Konrad auf der Krim „ganze Ortschaften südlich der Linie
Karassubasar–Suja samt Zivilisten in Grund und Boden bombardieren
lassen“, schreibt der Autor Jakob Knab aus Kaufbeuren, der
die Zusammenhänge erforscht und publiziert hat.
Als die Wehrmacht 1941 Kreta angriff, waren Gebirgsjäger
aus Bad Reichenhall beteiligt – unter Julius „Papa“ Ringel, einem
frühen politischen Kampfgefährten Hitlers. Befehle des Generalmajors
lauteten so: „Für jeden deutschen Verwundeten oder
Gefallenen sind zehn Kreter zu erschießen. Gehöfte und Dörfer,
in denen Truppen beschossen werden, sind niederzubrennen, in
allen Orten Geiseln sicherzustellen.“ Das Bergdorf Anogia bei
Heraklion verlor seine männliche Bevölkerung. Wer die Soldatenfriedhöfe
Kretas besucht, liest viele Namen von jungen Salzburgern,
Tirolern und Bayern, die gegen britisches Abwehrfeuer in den Tod
gehetzt wurden. Wegen seiner „Tüchtigkeit“ erhielt Ringel das
Ritterkreuz und das Goldene Abzeichen der NSDAP. Er verbrachte den Ruhestand in Bad Reichenhall und soll laut Augen- und Ohrenzeugen
ehemalige Regimegegner beschimpft haben. Er starb 1967,
ohne sich je verantworten zu müssen. Ringel war auch militärischer
Befehlshaber der Stadt Salzburg – mit Büro im Hotel Bristol
(Makartplatz), wo er das Scheitern des Attentats Stauffenbergs
gegen Hitler 1944 mit dem Salzburger Gauleiter bei einer Flasche
Wein gefeiert haben soll.
Wie tief in Bad Reichenhall die Aktivitäten von Offizieren wie
Konrad und Ringel ins Alltagsleben der Bevölkerung gereicht haben
dürften, schildert der international bekannte Rockmusiker, Dichter,
Kabarettist und Arzt Georg Ringsgwandl – Jahrgang 1948 –, der in
Bad Reichenhall aufwuchs:
„Ich erinnere mich schmerzhaft an die Zeiten als Kind, als man
meinen Vater, der im Krieg mehrfach wegen ‚ehrenrührigen
Verhaltens‘ und Befehlsverweigerung degradiert worden war, in
der Nachkriegszeit oft auf der Straße zur Rede stellte. Das waren
Nazis und Militärs, auch General Ringel, der in der BRD komfortabel
seine Pension verlebte und sich dann aus der Affäre zog mit dem
Argument, dass mein Vater den gebotenen Anstand vermissen lasse.
Später war ich sehr stolz auf die mutigen Aussagen meines Vaters
gegen die große Gruppe der sonoren Vergessensexperten, die sich in
die Bequemlichkeit des Bürgertums verzogen hatten.“ (gl) |
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Jakob Knab: Falsche Glorie. Das Traditionsverständnis der Bundeswehr.
Berlin 1995. |
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